Artikel 2020

Heimreise ungewiss - für sieben Freiwillige aus Ecuador, Bolivien und Argentinien

von Patrizia Wackers

„Mitte März zeichnete sich ab, dass die Freiwilligen aus Ecuador, Bolivien und Argentinien besser nach Hause fliegen sollten. Zu dieser Zeit gab es dort nur wenige Menschen, die an dem Coronavirus erkrankt waren, aber es wurden bereits Ausgangssperren in den drei Ländern verhängt. „Sofort habe ich die Reisebüros kontaktiert und versucht, die Jahrestickets umzubuchen, was sehr schwierig war“, erzählt Caroline Auer, die für den Bereich „Internationalen Freiwilligendienst“, für das Erzbistum München und Freising arbeitet. „Außerdem waren bereits viele Flüge ausgebucht, bis auf den Flug, von Buenos Aires aus. Unser Freiwilliger Dominik, hätte schon vor einer Woche aus Argentinien ausfliegen können, über Brasilien und über die Schweiz. Ob er in Brasilien allerdings den Weiterflug bekommen hätte, war zu dieser Zeit fraglich. Da mir die Sicherheit der jungen Leute vorging, habe ich mich dann entschieden, die insgesamt sieben Freiwilligen lieber über die Rückholaktion der Bundesregierung nach Deutschland ausfliegen zu lassen. Das war eine Entscheidung, die mir sehr viel abverlangte“, sagt Caroline Auer. „In einer täglichen Telefonkonferenz mit den anderen Entsendeorganisationen, wie den Sternsingern, den Steyler Missionaren sowie den Verantwortlichen verschiedener Diözesen, haben wir uns täglich beraten, was die nächsten Schritte sind,“ erzählt die junge Religionspädagogin. Auch das Jugendhaus Düsseldorf, über das die Versicherungen der sieben Freiwilligen laufen, die fid-Fachstelle für internationale Freiwilligendienste von AGIAMONDO sowie die Organisation Weltwärts, die als Freiwilligenorganisation dem BMZ, dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit, untersteht und mit den Partnerorganisationen vor Ort kooperiert, war bei diesen Besprechungen involviert.

Caroline Auer nahm Kontakt zu allen Projektpartnern in den Gastländern auf, so auch zu Markus Linsler, der in Quito, Ecuador arbeitet. Als Koordinator der Partnerschaft zwischen der katholischen Kirche in Ecuador und dem Erzbistum München und Freising, berät er die 24 Diözesen bei Projekten. Seine Mitarbeiterin, Caren Sánchez, kümmert sich um die Freiwilligen, die aus Deutschland kommen, aber auch um die jungen Leute, die aus Ecuador ins Ausland möchten. Die größte Schwierigkeit war, so Caroline Auer, die vier jungen Freiwilligen, Janina, Katharina, Anna, Alexandra aus der Region zu bekommen, was von den Projektpartnern aus organisiert werden musste. Denn in Ecuador fahren derzeit keine Inland- und Fernbusse mehr.

Für den Fahrer, der die vier Freiwilligen von Quito aus, zum Flughafen bringen sollte, musste extra ein spezieller Passierschein besorgt werden. Seit der Ausgangssperre dürfen an bestimmten Wochentagen nur noch Fahrzeuge auf der Straße unterwegs sein, wo im Wechsel, an bestimmten Wochentagen, die letzte Zahl in den Ausweispapieren mit einer geraden oder ungeraden Nummer endet. Am Sonntag dürfen derzeit gar keine Fahrzeuge fahren und es darf an diesem Tag auch keiner das Haus verlassen.

Dazu mussten die vier Freiwilligen noch eine Bescheinigung ihrer Auslandskrankenkasse beibringen, dass diese die Kosten im Falle einer Erkrankung übernimmt. Für Aufregung sorgte auch, dass die Mädchen jeweils nur ein Gepäckstück in den Flieger mitnehmen durften. Das überzählige Gepäck mussten sie in Ecuador lassen.

Am Freitag, dem 27.03.2020, mittags um 13.00 Uhr, konnten sie dann über Punta Cana/Dominikanische Republik, weiter nach Deutschland fliegen. Einen Tag später, am Samstagmittag, kamen sie am Frankfurter Flughafen an und fuhren von dort mit dem Zug weiter in ihre bayerischen Heimatorte. Nach Wochen der Ungewissheit und des Wartens, konnten ihre Eltern sie glücklich in die Arme schließen.

Wie die vier Freiwilligen aus Ecuador, hatten auch Elias und Markus in Bolivien Schwierigkeiten, von der Pfarrei Coroico im Andenhochland, zum Flughafen zu kommen. Denn auch hier gilt seit einigen Tagen eine komplette Ausgangssperre. Als auch die Deutsche Botschaft für sie keine Mitfahrgelegenheit mehr organisieren konnte, hatte der Projektverantwortliche, Padre Freddy, die rettende Idee: Er ließ sie, versteckt in einem Krankenwagen, nach La Paz bringen. Dort übernachteten sie in einem Hostel. Morgens, um 4.00 Uhr, mussten sie ca. 500 Meter von ihrem Hostel entfernt, zu einem vereinbarten Treffpunkt laufen, von wo aus auch andere, deutsche Reisende, mit einem Bus der Deutschen Botschaft zum Flughafen La Paz, gefahren wurden. Von dort gab es einen Zubringerflug bis nach Santa Cruz. Bis zum letzten Moment, war aber nicht sicher, ob die beiden Freiwilligen noch einen Platz im Flieger bekamen, da am Gate bereits viele Deutsche auf ihre Ausreise warteten. Für die beiden Freiwilligen hätte das bedeutet, dass sie noch einen oder mehrere Tage, in Santa Cruz hätten bleiben müssen. Doch auch sie bekamen noch Plätze auf dem Regierungsflieger und landeten am Samstag, dem 27.03.2020, am Frankfurter Flughafen. Von dort konnten sie, wie die anderen vier Freiwilligen aus Ecuador, weiter nach Hause fahren.

Die ganze Zeit hielt Caroline Auer Kontakt mit den Freiwilligen, um sie zu unterstützen, aber auch um zu sehen, wie es ihnen geht. „In einer solche Situation hilft es mir schon sehr, dass ich selbst für ein Jahr in Ecuador war und die Partner vor Ort kenne“, sagt die 27jährige. Sie hat in diesen Wochen nur wenig Schlaf bekommen, denn in der Nacht hat sie immer wieder mit den Projektpartnern in Südamerika telefoniert.

Dass die jungen Leute, trotz der Ungewissheit und den vielen Schwierigkeiten, bei der Heimkehr, die Ruhe bewahrt haben, sagt sie, bewundert sie. „Sie waren natürlich auch enttäuscht, dass sie kaum Abschied nehmen konnten und übereilt abreisen mussten, obwohl doch ihr Aufenthalt bis Ende August geplant war“.

Von den sieben Freiwilligen ist jetzt noch der 18 jährige Dominik in Argentinien.
Es sei schwierig, Kontakt mit der Deutschen Botschaft in Argentinien zu bekommen, erklärt Caroline Auer. Auch in diesem Land sind strikte Ausgangssperren verhängt. Allerdings ist Dominik in einem Projekt nur 40 km vom Flughafen entfernt. „Anfangs wollte er gar nicht zurück fliegen, aber jetzt merke ich schon, dass er froh ist, wenn er nach Hause kommt“, sagt Caroline Auer. Die Erleichterung, dass die anderen sechs Freiwilligen inzwischen wohlbehalten zu Hause angekommen sind, ist ihr förmlich anzumerken. „Wenn erst mal sechs Freiwillige sicher zu Hause sind, dann bekomme ich Dominik aus Argentinien auch noch nach Hause.“

Die Erzdiözese München und Freising entsendet seit 2009 Freiwillige nach Ecuador, Bolivien und Argentinien über das Finanzierungsprogramm Weltwärts. Derzeit bereiten sich fünf Jugendliche und junge Erwachsene, aus unserer Erzdiözese, auf ihren entwicklungspolitischen Freiwilligendienst in Lateinamerika vor. Nach derzeitigem Stand kann noch kein Ausreisetermin festgelegt werden. Derzeit werden Überlegungen getroffen wie eine gute Vorbereitung, in dieser Situation, gestaltet und gewährleistet werden kann.

Bis Ende Oktober können sich Jugendliche und junge Erwachsene, zwischen 18 und 28 Jahre, für das Ausreisejahr 21/22 bewerben. Nähere Infos unter www.freiwillig-weg.de oder per Mail Caroline Auer Fachbereichsleiterin Intern. Freiwilligendienst.